Erfolgreiches Marketing für Gen Z
„Wenn es mir gefällt, kaufe ich es sowieso!“
Inhaltsverzeichnis
Die Generation Z, geboren zwischen Mitte der 1990er und frühen 2010er Jahren, stellt eine bedeutende Zielgruppe mit hoher Kaufkraft im heutigen Markt dar. Jedoch wissen die meisten Unternehmen nicht, wie sie uns online am besten erreichen. Ich bin Auszubildene im Online-Marketing und 21 Jahre alt, damit also ein echter Gen Z.
Ich glaube, Gen-Z-Marketing unterscheidet sich nicht zu stark von Marketingstrategien, die sich an ältere Zielgruppen richten. Nur die Jugendkultur hat sich geändert. Um einen Einblick zu geben, wie meine Generation Marketing wahrnimmt und um Verständnis zu schaffen, habe ich mich von meinem Kollegen Torben interviewen lassen. Er ist selbst ein früher Millennial, benimmt sich aber eher wie jemand aus Generation X.
Torben: Christin, als ich so alt war wie du, warst du fünf Jahre alt. Was ist die frühste Werbung, an die du dich erinnern kannst?
Christin: Also der erste Werbespot an den ich da denke, ist der Fernsehspot für den Paula Pudding, in dem die Kinder rappen. Der lief immer im Sommer um meinen Geburtstag rum und das gefühlt fünf Jahre am Stück.
Torben: Den kenn ich auch noch. Coole Flecken, alles klar... Im Jahr 2008 hatte ich schon keinen eigenen Fernseher mehr, war längst im Internet. Welche aktuelle Werbekampagne ist dir positiv in Erinnerung geblieben?
Christin: Die gesamte Kampagne um den neuen Barbie-Film war ikonisch. Ich würde sogar sagen, es war DIE Kampagne des Jahres 2023. Gefühlt das erste Mal, dass ein Produkt oder eine Veranstaltung nur für Mädchen und junge Frauen so viel Aufmerksamkeit bekommen hat.
Torben: Ich selbst hatte als Kind der 90er auch eine Barbie, weil ich Haare schneiden wollte. Wenn ich ein paar Jahre älter wäre, würde ich jetzt über die verweichlichte Schneeflockenjugend lästern und das Jungen nicht mit Puppen zu spielen haben. Doesn’t seem to matter what I do I’m always
number two. Beschreibt das euer Generationengefühl?
Christin: Eher alle die mit Internet aufgewachsen sind. Um zu merken, dass unsere Generation unter Boomern wirklich unbeliebt bist, braucht es nicht mehr als fünf Minuten Recherche auf Facebook. Ich habe das Gefühl, manchmal schwingt ein Hauch von Eifersucht in diesen Aussagen mit.
Marketing für Gen Z sollte auf Authentizität beruhen.
Torben: Was müssen denn Unternehmen machen, damit Sie von deiner Generation wahrgenommen werden? Pink, grell und laut reicht?
Christin: Eine riesige Kampgane ist gar nicht was es braucht, um als Unternehmen gesehen zu werden. Es geht eher darum, keinen Quatsch zu erzählen. Seit wir Kinder sind, werden wir mit Werbung beworfen. Wo man auch hingeht, Unternehmen verfolgen uns mit leeren Floskeln z.B. über Nachhaltigkeit und sozialem Engagement.
Torben: Die Generationen vor dir doch auch schon. Früher wollte ich Frühstücksflocken mit heute verbotenen Farbstoffen. Werbung war doch schon immer die Beeinflussung verhaltensrelevanter Einstellungen der Konsumenten. Man lernt doch mit dem Alter zu verstehen, dass Werbung eben Werbung ist. Und du willst jetzt authentische, ehrliche Werbung?
Christin: Shein, einer der größten Fast-Fashion-Hersteller der Welt und absoluter Umweltsünder wirbt mit recyclebaren Verpackungen. Wir haben keine Lust mehr angelogen zu werden. Sagt mir einfach, was euer Produkt kann, wie es aussieht und was es kostet. Wenn es mir gefällt, kaufe ich es sowieso!
Torben: Laut einer Umfrage stammten im Dezember 2022 etwa 47 Prozent der Nutzer von Shein in Deutschland aus der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen. Damit ich es verstehe: Du meinst deiner Generation ist es egal, ob ökologisch oder einfach nur trendy?
Christin: Egal ist uns nicht, ob die Produkte, die wir konsumieren unsere Umwelt belasten. Wir haben einfach keinen Bock mehr drauf, dass Unternehmen uns weismachen wollen, dass gerade ihre Produkte es nicht tun. Ehrlichkeit ist für uns das A und O geworden.
Torben: Laut einer Studie von NielsenIQ wäre die Generation Z nicht mehr besonders loyal gegenüber Marken. Nur 19 Prozent der Befragten hätten angegeben, besonders markentreu zu sein. Die meisten verfügten über mehrere Lieblingsmarken in verschiedenen Marktsegmenten.
Christin: Voll! Man hat auf jeden Fall seine Lieblinge, jedoch spielen auch viele andere Faktoren, wie Preis, Qualität und auch Liefergeschwindigkeiten mit rein.
Torben: Welcher Marke bist du denn schon sehr lange loyal, weil sie in deinen Augen besonders ehrlich ist und warum?
Christin: Da muss ich gar nicht lange überlegen: Adidas! Dieser Marke bin ich treu, seit ich ein Kind bin und auch meine Familie trägt fast nichts anderes. Die Werbespots waren schon immer sportlich und modern aber trotzdem schaffen sie es aktuell mit ihren neuen Schuh-Modellen perfekt die 2000er und damit auch meine Kindheit wieder zu bringen. Adidas hatte schon immer so ein authentisches Feeling.
Gen-Z-Marketing darf umweltbewusst werben, aber auf ernst!
Torben: Adidas produzierte 97% ihrer Schuhe 2023 in Asien. Umgerechnet erhält ein Mitarbeiter in Ho Chi Minh Stadt (Vietnam) zirka 70 Euro monatlich und gehört damit gegenüber den meisten anderen dortigen Fabrikarbeitern zu den Spitzenverdienern. Gleichzeitig propagieren sie Meeresmüll als Style-Objekt und verwenden Recycling. Ist das für deine Entscheidung relevant?
Christin: Ganz schwierig… Alle Marken versuchen ihr Image reinzuwaschen, damit die Konsumenten keine Gewissensbisse bekommen. Man muss schon genau hingucken, ob Nachhaltigkeits-Kampagnen von Unternehmen halten, was sie versprechen. Jedoch muss ich sagen, dass die Slogans und Fotos von glücklichen Mitarbeitern immer gleich klingen und aussehen. Alle Unternehmen retten – während sie T-Shirts für 3€ verkaufen wollen – nebenbei noch die Welt.
Torben: Ich will dich als Kunde gewinnen. Ich muss dafür also nicht die Welt retten, sollte aber auch nicht so tun, als ob ich die Welt rette, wenn ich die Welt nicht rette. Authentisch bleiben. Keine Floskeln verwenden. Verstehe ich das richtig?
Christin: Genau, das wichtigste Stichwort hier ist Authentizität. Zeig mir, wofür du stehst, nicht was du denkst, wofür du stehen solltest.
Gen Z kennt auch den Spruch: Ehrlich währt am längsten.
Torben: Kannst du mir ein aktuelles Beispiel nennen, denen dies nicht gelungen ist? Weshalb sich deine Generation sogar von einem Unternehmen abwendet?
Christin: Da fällt mir direkt die Deutsche Bahn ein. Ein Unternehmen, das sehr aktiv auf Social Media wirbt, in den Kommentaren jedoch zerrissen wird. Als Konzern massenhaft Stellen abbauen, Vorstandsgehälter erhöhen, das Produkt aber nicht verbessern und dabei selbstironisch erscheinen wollen: Das funktioniert heutzutage einfach nicht mehr!
Torben: Von der Deutschen Bahn lässt es sich nun eher schlecht abwenden. Wenn mir solche Kommentare beispielsweise auf Instagram über den Weg laufen, wirken die authentisch. Die Werbeabteilung kämpft auch mit externer Agenturbetreuung online gegen das verstaubte Image, das die DB als Staatskonzern für viele hat. Vielfalt, Schnelligkeit, Humor. Sie machen sich ja über ihre Verspätungen lustig. Warum ist das nicht die Art der Kommunikation, die du hören willst?
Christin: Es frustriert nur noch mehr, da man sich als Kunde nicht gehört, sondern nur ausgelacht fühlt. Das ist arrogant. Meine Generation ist zwar entspannter und schätzt humorvolles Marketing, jedoch muss dann auch das gelieferte Produkt stimmen. Wenn ich nach Feierabend mal wieder mit der Bahn im Nirgendwo strande, will ich eine Entschuldigung und mein Geld zurück aber sicherlich kein TikTok-Video.
Gen Z mag auch einfach mal nicht beworben werden!
Torben: Wie sollte ein Unternehmen wie die DB denn mit dir in Social Media kommunizieren?
Christin: Am liebsten gar nicht. Social Media war für mich schon immer ein Rückzugsort. Es war ein Safe-Space. Dann kamen jedoch die Unternehmen, danach ging es nur bergab. In jeder Unterhaltung und bei jedem menschengemachten Trend mischen sofort Accounts von verifizierten Marken mit. Man kann sich nirgendwo verstecken, sie folgen einem überall hin.
Torben: Fühl ich. Auf einmal war das Internet eine Werbeplattform. Jede neue Social Media Plattform wird früher oder später monetarisiert. Aber du willst ja auch nach deiner Ausbildung in der Werbe- und Marketingindustrie dein Geld verdienen. Wie erreicht man denn sonst die jüngeren Generationen zielgerichtet?
Christin: Mit Mehrwert – ganz einfach. Wenn du ein gutes Produkt hast, zeig es und wenn du etwas Lustiges zu sagen hast, dann sag es. Aber weniger ist mehr. Man baut keine Markenloyalität auf, indem man potenziellen Kunden mit vermeidlichem relatable Content auf die Nerven geht.
Torben: Also, wie bewirbt man denn nun richtig die Gen Z?
Christin: Eigentlich wie jede andere Generation auch. Mit Themen, die für sie im Hier-und-Jetzt relevant sind, oder mit einem Blick zurück in die Vergangenheit auf ihre Kindheit. Eigentlich Dinge, die die Generationen untereinander vereinen.
Torben: Also auch mit Nostalgie. Paula Pudding wird in zwei Jahren zwanzig. Fühlst du dich jetzt alt?